Argentinien - Brasilien (Florianopolis)

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Sagenumwobene Wasserfälle und eine kleine aber abwechslungsreiche Insel

Puerto Iguazú / Cataratas – Eldorado (16.09.) – 9 de Julio, km20 (17.09.) – Bernardo de Irigoyen – Brasilien (18.09.) – Ilha de Santa Catarina / Florianopolis – Praia Mole(19.09.) – Barra da Lagoa (20.09.) – Inselrundfahrt (20.10.) – Barra da Lagoa (27.10.)

Endlich sollten wir die Wasserfälle von Iguazú zu Gesicht bekommen. An diesem Tag war es zwar etwas bewölkt und am Morgen regnete es leicht, dafür war es nicht mehr so heiß wie die letzten Tage und es gab keine Moskitos. Wir fuhren also in das Gelände, entrichteten unser Eintrittsgeld von 30 $ (=8 €) pro Person und erkundeten die Cataratas. Schon auf dem Weg zu der kleinen Bahn, die durch den Park fuhr, sahen wir zahlreiche kleine Tiere, von denen ich keinen Namen mehr weiß, aber vor denen man sich hüten sollte und es unterlassen sollte sie zu füttern. Kurz darauf erreichten wir mit der Bahn die Endstation und liefen noch die paar Meter über die Stege, die direkt zur berühmten „Garganta del Diabolo“ führten. Unterwegs bekamen wir noch zahlreiche bunte Vögel und sogar ein Krokodil zu Gesicht – glücklicherweise aus sicherer Entfernung. Gerade als wir die Überreste des alten Steges passierten, er war 1992 bei einem Hochwasser zerstört worden, sahen wir schon in der Ferne die aufpeitschende Gischt der Wasserfälle. Und am vordersten Steg hatte man wirklich eine wahnsinns Aussicht in die Schlucht und die herabstürzenden Wassermassen vor uns. Ich hatte ja schon Bedenken, da mir in den letzten Tagen und Wochen immer wieder erzählt wurde, dass momentan Wassermangel herrsche und es ein fast trauriger Anblick wäre. Mathias kümmerte sich nicht weiter darum, er hatte ja schon vor vier Jahren das beeindruckende Vergnügen gehabt, aber trotz des „Mangels“ war es faszinierend, diesen tosenden Schlund direkt vor oder sogar unter uns zu erleben. Um uns herum toste es, die Gischt peitschte herauf und in der Tiefe kreisten die Vögel. Unglaublich! Dieses Erlebnis ließ uns sogar die zahlreichen anderen Touristen vergessen, von denen etwa 200 im Halbstundentakt mit dem Zug ankamen. Einer von ihnen war zufällig der Austauschschüler, den wir schon von Salto Moconá kannten – tja, Südamerika ist halt ein Dorf!
Wir haben dann die zahlreichen anderen - überwiegend rollstuhlfreundlich angelegten - Wege erkundet, die immer wieder an größeren und kleineren Wasserfällen vorbeiführten. An manchen Stegen steht man so nahe an den Fällen, dass uns die Gischt leicht berieselte. Wir beobachteten Boote, die direkt in einen Wasserfall hineinfuhren, doch wollten wir auf diesen Spaß verzichten, da es nicht warm genug war und man danach keinen trockenen Fleck mehr am Körper hatte. Dafür setzten wir mit einem kleinen Boot über zur Isla San Martin, wo wir erst mal unsere hungrigen Mägen versorgen wollten. Das Boot fuhr die wenigen Meter zur Insel ununterbrochen hin und her und beim Einstig wollte ich ein Foto von Mathias mit seiner Schwimmweste machen. Ich bin halt auch ein Touri! Der Bootsführer hatte es wohl etwas eilig, obwohl weder auf der einen, noch auf der anderen Seite Leute warteten, und noch bevor ich meine Kamera wieder eingepackt hatte fuhren die Herren schon davon. Blödmänner! Aber ich hatte ja keine 10 Minuten zu warten, da war das Boot wieder da und brachte mich rüber und so konnten wir mit den gewaltigen Fällen im Hintergrund unser Vesper genießen. Nach einer kleinen Siesta am Strand erkundeten wir weiter die Insel und den restlichen Nationalpark, wurden von der Gischt anderer Fälle geduscht, kamen in einer trockenen Schlucht an, in der es von Geiern nur so wimmelte, betrachteten andere Fälle von oben und unten und staunten ununterbrochen über dieses Naturschauspiel. Sehr beieindruckend, tosendes Wasser wohin man schaut, obwohl die Flüsse wirklich wenig Wasser führten. Da schlängelten sich kleine harmlose Flussläufe ihren Weg durch die Landschaft, um plötzlich in mehreren hundert einzelnen Fällen von bis zu 70 Metern in die Tiefe zu stürzen.
Nach einem anstrengenden und beeindruckenden Tag verließen wir kaputt (vor allem Mathias, da er etwas erkältet war) und glücklich den Park. Wir fuhren etwas außerhalb auf einen Campingplatz, und wurden unterwegs noch von der Polizei angehalten. Matzi war zwar etwas pampig zu dem Beamten, aber sie wollten ausschließlich unser Einreisedokument fürs Auto sehen. Hier merkt man halt doch die Nähe zu Paraguay, von wo aus viele Drogen geschmuggelt werden und nachdem sie sich vergewissert hatten, dass wir bereits in Uruguay einreisten und gar nicht in Paraguay waren, ließen sie uns passieren. Wir quartierten uns auf dem nächsten Campingplatz ein, „gönnten“ uns noch eine kalte Dusche und eine heiße Suppe und fielen geschafft ins Bett.

Am nächsten Tag fuhren wir weiter Richtung Brasilien und hielten unterwegs in Eldorado, um unsere Page auf den neusten Stand zu bringen und unsere hungrigen Mägen zu füllen. Wir landeten auf Empfehlung eines Polizisten im Casino, wo es neben Roulette und einarmigen Banditen gutes und günstiges Essen gab. Gerade in Misiones gibt es viele Casinos, da in Brasilien Glücksspiel verboten ist. Später erregte ein rostiges und total überfülltes Auto unsere Aufmerksamkeit. Wir trafen auf ein paar junge Leute, die mit ihrem absolut schäbigen und übervollen Auto zu fünft (inklusive 3-jährige Tochter) durch die Gegend reisen und vom Verkauf von Kunsthandwerk leben. Die Insassen kamen aus Brasilien, Argentinien und Uruguay, und wollten in Eldorado auf dem anfangendem Stadtfest ihre Weiterreise finanzieren. Wir verabredeten uns locker für den Abend auf einem Campingplatz, jedoch fuhren wir lieber weiter Richtung brasilianische Grenze.
Bei einbrechender Dunkelheit suchten wir uns ein Plätzchen zum Übernachten und landeten dabei im Ort 9 de Julio, km 20. Die 20 km erklären sich dadurch, dass der Ort ziemlich weitläufig ist, und wir in dem Teil waren, der am Kilometerstein 20 km an der Straße lag. Ganz einfach! Dort parkten wir unser Auto an der kleinen Plaza und verfolgten das abendliche Treiben. Schon witzig, da sitzen die Jungs auf der Wiese rum und teilen sich zu fünft einen Pott mit Mate. Bei uns hätten sie wohl eher einen Sixpack dabei. Später sind wir in eins der beiden Restaurants gegangen und haben uns eine Kleinigkeit zu Essen bestellt. Die Kleinigkeit erstreckte sich jedoch über 8 Koteletts mit Salat, was hier eben eine durchschnittliche Menge für zwei Erwachsene ist. Geschafft haben wir sie trotzdem! Da sich normalerweise nicht besonders viele Touristen hierher verirrten, fielen wir zwei Blonden natürlich auf und wurden gleich angesprochen. Eine Frau stellte sich sogleich zu uns an den Tisch und sprach uns auf Deutsch an. Wieder mal jemand mit deutschen Vorfahren und sie lud uns sofort zu sich ein um bei ihr zu übernachten. Wir lehnten dankend ab, was uns nur gelang, nachdem wir mehrmals versicherten, dass es wirklich bequem in unserem Auto ist. Nach dem Essen begaben wir uns in die andere der zwei Kneipen, wo wir natürlich auch gleich angesprochen wurden. Wieder wurden wir zum Übernachten eingeladen, und wenn das nicht, dann wenigstens auf ein Bier. Wir kickerten fröhlich und ich zockte Mathias ordentlich ab. (Der Kicker passt leider nicht in besagte „Die-Spiele-spielen-wir-nicht-mehr-Kiste“!) Dafür unterhielten wir uns fleißig und verbrachten einen schönen und lustigen letzten Abend in Argentinien.

Am nächsten Tag fuhren wir weiter nach Bernardo de Irigoyen, dem Grenzort zu Brasilien. Wir bummelten ein wenig durch den kleinen Ort und wollten eigentlich noch die Nacht dort verbringen, jedoch ließ uns der verlassene und ziemlich siffige Campingplatz schnell unsere Pläne ändern. Wir kauften im Supermarkt noch ein paar Sachen zu teureren Brasilianer-Preisen ein, bekamen an der Tankstelle nur teures „Ausländer-Normal“ statt Super, füllten aber trotzdem noch unsere Kanister, denn es ist allemal noch billiger als in Brasilien, versteckten unsere Lebensmittel und Zigaretten und machten uns daran, die Grenze zu überqueren.
Offensichtlich waren hier die Beamten nicht darauf vorbereitet, dass jemand der weder aus Argentinien noch aus Brasilien war, die relativ offene Grenze mit dem Auto überqueren möchte und so dauerte es ein wenig, bis der zuständige Beamte gefunden wurde. Der war äußerst hilfsbereit und sprach glücklicherweise englisch, hatte jedoch die nötigen Formulare fürs Auto nicht, aber die sollten in der Zollstation auf brasilianischer Seite aufzutreiben sein. Und so lozte er uns schnell und ohne jegliche Kontrolle unseres Autos über die Grenze und wir erledigten den Papierkram und bekamen unsere ersten drei Monate Visum. Wir mussten noch eine Erklärung unterschreiben, dass wenn wir nicht rechtzeitig das Visum fürs Auto verlängern oder es gar nicht ausführen, ein Strafe von 5000 US$ zu entrichten hatten. Aber das haben wir eh nicht vor, solange unser Pauli durchhält, bleiben wir zusammen!
Gleich ein paar Meter nach der Grenze machten wir Bekanntschaft mit der brasilianischen Polizei. Wir wurden angehalten und der schroffe Polizist durchsuchte das Auto. Er wühlte ein wenig herum und war sehr unfreundlich und besonders auf unsere Argentinienfahne reagierte er äußerst unwirsch. Unsere von der Hitze bedenklich aufgeblähten Benzinkanister interessierten ihn nicht und auch sonst schien er nichts besonderes zu entdecken, wir verstanden ihn eigentlich auch nicht und er ließ uns weiter fahren. So jetzt waren wir also in Brasilien, hatten das abwechslungsreiche Argentinien mit seinen unzähligen Naturschönheiten, freundlichen Menschen und einigen Kuriositäten hinter uns gelassen und haben für die nächsten sechs Monate Brasilien vor uns. So richtig realisiert haben wir erst viel später, dass wir da sind, aber die schlechteren Straßen, die mäßige und andere Beschilderung und die ungewohnte Sprache im Radio – falls es mal Empfang gab – ließen es nach und nach durchdringen. Und vor allem merkten wir, dass wir wieder völlig am Anfang unserer Sprachkenntnisse standen, denn nicht mal die einfachsten Dinge wie „Wo sind die Toiletten?“ konnten wir erfragen. Und sich ab sofort mit „oi“ statt „hola“ zu begrüßen und mit „obrigado“ statt mit „gracias“ zu bedanken wollte auch nicht so schnell in unsere Köpfe. Aber das lernen wir auch noch. Wir fuhren bis es dunkel wurde, dann suchten wir uns eine Tankstelle, wo wir duschen und die Nacht über bleiben konnten.
Am nächsten Morgen fuhren wir zeitig weiter, wir wollten ja so schnell es geht auf die Ilha de Santa Catarina, auch nach ihrer Hauptstadt Florianopolis oder kurz Floripa genannt. Die Landschaft war relativ hügelig, jedoch hat man hier sichtbar mehr Fläche des Dschungels bereits abgeholzt und man beginnt die Aufforstung mit Nadelbäumen! Wenn sich da die Natur nicht eines Tages rächt, aber das ist ein anderes Thema. Die Gegend ist auffällig dichter besiedelt (macht es manchmal schwerer eine Toilette in freier Wildnis zu finden :-)) und wir passierten wesentlich größere Orte als in Argentinien mit neueren und ordentlicheren Häusern. Und wir hatten den Eindruck, dass in Brasilien auch etwas effektiver gearbeitet wird, ob an Baustellen oder am eigenen Haus, überall wurde gewerkelt. Auch das Straßenbild veränderte sich rasch, vor allem die Autos ließen auf eine gehobeneres soziales Niveau schließen, aber der Süden Brasiliens ist ja auch das Wirtschaftszentrum Südamerikas. Nicht mehr alte Ford Falcon querten unseren Weg, sondern überwiegend neuere Kleinwagen, einige Pickups (darunter immer wieder gerne ein Corsa Pickup!) und viele VW Bußchen und Käfer. Und die Leute, vor allem die Mopedfahrer heizen wie die Sau, aber wen wundert’s, wenn die überdimensionalen Ampelngebilde an die Formel 1-Tafeln erinnern! Dafür sind die Straßen in schlechteren Zuständen als in Argentinien, dafür die Toiletten überall besser (was nicht so schwer ist!). An den Tankstellen wurde ab sofort als Kraftstoff Alkohol angeboten, für gerade mal 0,40 € und das stinkt, als würde ein Penner nach durchsoffener Nacht neben dir stehen. Aber tanken brauchten wir vorerst eh noch nicht, wir hatten ja noch unseren Kanister, aber früher oder später mussten auch wir uns mit brasilianischen Tankstellen auseinandersetzen. Zum Glück können wir problemlos „Super additiva“ mit 25 % Anteil Ethanol tanken.

Schon am Mittag waren wir in Florianopolis angekommen. Zuerst besuchten wir die wenig hilfreiche Touri-Info, um einen Stadtplan oder Infos zu Appartement zu bekommen, jedoch versuchte der etwas zu lockere Angestellte immer seine Wohnungen in eigener Sache zu vermitteln. Immerhin verstand der Mann spanisch und auch ich konnte das Wesentliche aus seinen Sätzen herausfiltern.
In der Stadt suchten wir uns erst mal einen ordentlichen Parkplatz und gingen in die Shopping-Mall „Beiramar“. Die ist einfach riesig! Auf fünf weitläufigen Stockwerken, findet man alles was das Herz begehrt, wenn man sich nicht gerade verläuft. Und oben drauf waren noch mal drei Etagen Parkfläche. Dort deckten wir uns mit Straßenkarten ein und versuchten einen Handyvertrag abzuschließen. Hier merkten wir, dass wir in einem etwas „entwickelteren“ Land angekommen waren, die Jungs dort klärten uns ausführlichst auf englisch auf, jedoch ohne einer Steuernummer konnten wir uns nicht einmal eine prepaid Karte zulegen. Also schickte man uns zur Receita Federal (so was wie das Rathaus und super organisiert), wo wir die Nummer problemlos bekommen hätten, wäre nicht schon geschlossen gewesen. Da standen wir nun, relativ erfolglos, Mathias quälte sich immer noch mit seiner Erkältung rum und so versuchten wir unser Glück noch mal bei einem anderen Anbieter. Dort bekamen wir problemlos was wir wollten und so waren wir wenigstens fürs erste wieder erreichbar. Die Steuernummer besorgten wir uns Tage später trotzdem noch, da sie für viele andere Sachen, wie z.B. Autoversicherung (oder Waffenkauf? :-)), notwendig ist.
Wir haben uns noch – seit langem mal wieder – beim McD. nahrungsmitteltechnisch versorgt und müde nach einem Schlafplatz umgeschaut. Mathias kannte die Insel ja schon ein bisschen und so landeten wir irgendwie entnervt und ohne größerem Brasilienfeeling auf einem Parkplatz am Strand der Praia Mole. Aber der nächste Tag sollte besser werden.
Wurde er aber vorerst nicht! Mathias wachte nach einer unruhigen Nacht auf und bekam umgehend wahnsinniges Nasenbluten. Das konnte nur von seinem argentinischen Hustensaft kommen, der vom Apotheker als „muy fuerte“ angepriesen wurde. War wohl etwas zu stark, also wurde er sofort abgesetzt. Ganz nebenbei hatten wir auch kein besonderes Sommerfeeling (o.k., war ja laut Kalender auch noch Winter), denn es regnete den ganzen Tag. An der Tankstelle wollten wir uns kurz frisch machen und dann nach einer Wohnung suchen. Wieder setzte bei Mathias heftigstes Nasenbluten ein, was uns drängte uns schnellstmöglich eine Unterkunft zu suchen.

Wir fuhren in den Ort Barra da Lagoa und schauten uns dort um. Das war generell nicht so schwierig, da der idyllische Fischer- und Surferort in der Nebensaison von leeren Wohnungen nur so wimmelte. Also sind wir durch den verregneten Ort gelaufen und haben uns nach etwas schönem umgeschaut. Nach ein paar Stunden ließ jedoch Mathias Aspirin nach und er konnte nicht mehr laufen. Wir hatten schon etwas in einer Pousada in Aussicht, haben noch mal mit dem lustigen Vermieter („die Kugel“) über den Preis verhandelt und sind dann endlich eingezogen. Als ganz so lustig stellte er sich später gar nicht raus, eher war er faul, vergaß kleinere Anfragen und als ICH mal die Wohnung putzen wollte, gab es dürftiges Putzmaterial und kein Putzmittel! Aber egal, schön war’s trotzdem und nachdem wir unser Auto weitgehend ausgeräumt hatten und es uns etwas gemütlich gemacht haben, hat sich Mathias erst mal ins Bett gelegt um sich auszuruhen. Wir haben in der Apotheke andere Medizin geholt, wobei wir uns erst mal gegen die Apothekerin durchsetzen mussten, die uns ohne Umschweife Antibiotika andrehen wollte. Aber damit wollten wir lieber noch etwas warten.

Unsere Wohnung in der Pousada 32 (weil 32 m vom Strand entfernt) war wirklich schön. Wir hatten einen großen Wohnraum, mit Küchenzeile, Essecke und Schlafsofa und einer kleinen Galerie, auf der noch mal zwei Leute hätten übernachten können. Das ganze war mit viel Holz ausgekleidet und sehr gemütlich. Außerdem hatten wir ein Schlafzimmer (mit schmalem Doppelbett, aber das sind wir ja schon gewohnt) mit Balkon, wo wir immer die Morgensonne genossen. Außerdem natürlich ein kleines Bad und das beste: die Veranda mit Meerblick! Dort haben wir auch gleich unsere Hängematte im Halbschatten aufgehängt und - wenn das Wetter mal schön war - die Aussicht genossen. Und wenn wir abends im Bett lagen, dachten wir immer, der Wind macht einen ganz schönen Krach, aber wir hörten tatsächlich das Meeresrauschen.
Wir hatten sogar einen Fernseher im Appartement, aber den hätte man sich getrost sparen können, denn der Empfang war katastrophal, vor allem bei Regen hatte man nur krisseliges Bild. Aber es war auch lustig brasilianisches Fernsehen zu schauen, denn da bekommt man ja ein ganz gutes Bild, was in einem Land angesagt ist und so erfuhren wir auch, dass sich gerade die Präsidentschaftswahlen in der Endphase befanden. Dauernd liefen Wahlwerbespots und Anleitungen zum Wählen, da in Brasilien Wahlpflicht herrscht. Auch auf den Straßen waren die Wahlen nicht zu übersehen. Fast jedes Auto war mit Namen und Nummern von Parteien und Wahlkandidaten beklebt und VW Busse mit großen Lautsprechern fuhren durch die Straßen um die Kandidaten zu bewerben. Am Wahltag liefen die Leute mit großen Fahnen durch die Straßen und es herrschte geschäftiges Treiben auf den Gassen und in sämtlichen Höfen. Die Wahlen fielen jedoch nicht eindeutig aus, Lula, der amtierende Präsident hatte die 10 % Vorsprung gegenüber seinem Konkurrenten nicht erlangen können. Und so ging es ein paar Wochen später in die zweite Runde, die Lula dann doch erfolgreich für sich verbuchen konnte.

In den ersten beiden Wochen hatten wir wieder mal unseren Kampf mit dem Wetter. Wir dachten ja eigentlich das Frieren hätte ein Ende und nachdem wir schon in Misiones sommerliche Temperaturen hatten, dürfte es hier auch nicht anders sein. Aber wir hatten wieder mal mit dem Wind zu kämpfen, der vor allem bei Wolken und selbst bei Sonnenschein das sitzen im Freien vereitelte. Wenn man mal am Strand saß, dann war es auch keine Seltenheit, dass der Sonnenschirm mitsamt Tisch durch die Gegend flog. Die Nächte wurden auch frisch und des öfteren haben wir abends alle vier Gasherdplatten angefeuert, um es etwas kuscheliger zu machen. Unsere Laune war demnach in den ersten zwei Wochen öfter mal am Boden und es wollte erst mal kein Brasilienfeeling aufkommen. Neben dem leidlichen Wetter lag Mathias die meiste Zeit hustend im Bett, fühlte sich schlapp, und viel unternommen haben wir in der Zeit auch nicht. Aber wenigstens hatten wir eine schöne Wohnung, in der wir uns ausbreiten konnten und uns wohl fühlten und es gab auch keine lästigen Moskitos. Immerhin!
Um Mathias wieder aufzupäppeln haben wir sehr gesund gelebt, kein Bier, Mathias verzichtete sogar aufs Rauchen und es gab immer viel Obst und Gemüse, was hier leider überwiegend nach gar nix schmeckt. Dafür haben wir auch immer zeitig in der Falle gelegen und dadurch viel vom Tag gehabt, denn früh aufstehen (freiwillig zwischen 6.00 und 8.00) war keine Seltenheit. Und anstatt Bier haben wir kistenweise Milch in unsere Wohnung geschleppt, was Mathias auf der Straße von ein paar Kiddies den Namen „Milky“ einbrachte. In diesem Fall wäre ihm wohl „Alki“ lieber gewesen.


Aber der andauernde Husten machte uns dann doch mehr Sorgen (sogar die Nachbarn haben uns schon darauf angesprochen) und da wir schon befürchteten, er könnte sich wieder eine Lungenentzündung eingehandelt haben, schlugen wir doch mal den Weg zum Arzt im nächsten Ort ein. Da wir ihn jedoch nicht gleich finden konnten, fragten wir in einer Apotheke nach, und dort erklärte man uns, dass ab 20.00 ein kostenloser Arzt zur Verfügung stehe. Also vertrieben wir uns noch ein bisschen die Zeit und kamen später in die Apotheke zurück. Dort warteten bereits zehn weitere Patienten, und als wir endlich dran waren, und umständlich auf spanisch erklärten, was das Problem sei, meinte der Arzt nur: „Ach, sie haben Husten!“ in einwandfreiem deutsch. Was für ein Glück. Er konnte uns auch gleich bezüglich der Lungenentzündung beruhigen, und verschrieb Mathias ein paar Antibiotika gegen Bronchitis und er solle in ein paar Tagen wiederkommen, er sei jeden Abend bis Mitternacht in der Apotheke anzutreffen.

Ansonsten haben wir uns erst mal in dem süßen Ort umgeschaut, und dabei erste Sommeraccessoires wie Flip-Flops, Bikini, Hose und Sonnenbrillen gekauft. Barra da Lagoa ist ein wirklich schöner Ort, zwar recht ruhig und gediegen, aber überall kleine Fischerhäuser und trotz touristischer Ausrichtung noch sehr moderate Bebauung. Abends kann man getrost durch die Straßen laufen und der Strand ist auch bei Nacht ausreichend beleuchtet und sicher. Der Strand ist ideal zum Surfen lernen und der Großteil der 14 km langen hügeligen Bucht besteht aus einem unbebautem Naturschutzgebiet mit kleinen Leuchttürmen am Ende. Dort ist der Ort durch einen kleinen Fluss getrennt der in einer großen Lagune mündet und über den eine waghalsige Hängebrücke führt. Auf der anderen Seite des Flusses gibt es viele kleine bunte Häuser, die typisch brasilianisch an den hügeligen grünen Hang gebaut sind und nur zu Fuß zu erreichen sind. Dorthin hat es uns auch einmal bei einer Ortserkundung verschlagen, und wir wussten oftmals nicht mehr, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, denn der Pfad führte über Stock und Stein, durch Vorgärten und wir mussten mehrmals den Weg erfragen. Sehr abenteuerliche Strecke und mit immer wieder tollen Ausblicken auf die Bucht und den Ort.

Und so kam dann auch langsam das Gefühl, tatsächlich in Brasilien zu sein, bei uns an. Außerdem sind die Leute hier schon auf den ersten Blick wesentlich cooler, alle tragen Baggypants und Badeschlappen oder Skaterschuhe. Die Mädels haben alle Haare bis zum Hintern, natürlich knappste Bikinis und ob bei Männern oder Frauen der Hit in diesem Sommer: Zahnspangen! Kaum ein Lächeln wird nicht mit dem freundlichen Blinken der Briketts belohnt, nicht selten in rosa oder hellblau! (o.k., nicht so cool!) Aber: hier wird getrunken! Alkohol, am Strand, zum Frühstück, auf der Straße. Aus 600 ml Flaschen oder aus Dosen, zuweilen auch mit Strohhalm. Aber richtig betrunken sind die Brasilianer trotzdem nicht. Ach, in Brasilien herrscht halt doch ein anderes Flair als in Argentinien. Nicht, dass wir Argentinien nicht absolut toll fanden, aber in Sachen Lebensgefühl sind die Brasilianer doch etwas lockerer. Und das Strandleben ist einfach phantastisch. Kaum ist mal schönes Wetter, bewegt sich was am Strand. Vor allem an den Wochenenden wimmelt es von Badegästen, Fußballspielern, flanierenden Bikinigirls und Surfern und man kann getrost sein Lesematerial zu Hause lassen und sich am Treiben satt sehen und schon die ersten „Trockenstunden“ beim Surfen nehmen. Oder man macht einen Spaziergang an der Bucht entlang und genießt den weichen und weißen Sand unter den Füßen. Und mit viel Glück kann man manchmal einen Delphin nahe vor der Küste sehen. Und mit viel Pech bekommt man trotz Sonnenmilch einen ordentlichen Sonnenbrand. Aber das lernen wir auch noch.

Wir haben uns zur Sympathisierung gleich mal einen Brasilienaufkleber aufs Auto geklebt und besser mal unsere Argentinienfahne entfernt, denn die Argentinier mag man hier nicht so. Und die Leute haben hier generell schon ein anderes Bild von Deutschland, worin es sich jedoch mit dem aus Argentinien deckt ist die „Bierthematik“. Des öfteren wurden wir darauf angesprochen, dass man ja das Bier in Deutschland warm trinke. O.k., wir können halt nicht auf Kühlschränke mit –5° kaltem Bier aufwarten, aber warm? Und prompt, als wir unser erstes Bier an einem Burgerladen bestellt hatten kam die bekannte Frage! Woher die das nur haben? Aber zu unserer Schande muss ich ja gestehen, dass ich einmal dieses Bild voll unterstrichen habe. Wir lagen an einem schönen Tag am Strand rum, Mathias ging es noch nicht so gut, aber er wollte trotzdem mal wenigstens ein Bierchen testen. Also ging ich in den Kiosk und fragte tatsächlich nach einem kalten und einem „warmen“ Bier! Und schwups – Vorurteil bestätigt!

Nach zwei Wochen war der Frust vorbei, die Erkältung auch, und auch das Wetter besserte sich. Dadurch spielte sich das Leben mehr im Freien ab wir starteten unsere Surfkarriere. Endlich wollten wir es den zahlreichen anderen Wasserratten gleichtun und auf einem Brett die Wellen reiten. Immerhin hat sich das Wasser in den letzten 2 Wochen schon von 18° auf angenehme 21° erwärmt. Nachdem wir uns in die Neoprenanzüge gequetscht hatten und die ersten Aufstehübungen am Strand absolviert hatten, ging es nach einer Runde Aufwärmen ins kalte Nass. Und tatsächlich, wie versprochen, wir standen am ersten Tag schon auf dem Brett. Ich sogar eine Welle früher als Mathias! Aber das sollte noch nichts heißen. Aber es machte Spaß, die Balance auf diesem wackeligen Untergrund zu halten und wir fühlten uns toll und wie richtige Surfer. Auch wenn wir die Welle noch nicht selbst nahmen, sondern angestoßen wurden, um erst mal ein Gefühl für die Sache zu bekommen. Wir hatten einen sehr netten und kompetenten Surflehrer – Luciano, mit unglaublichen grünen Augen – der praktischerweise auch gut englisch spricht, was die ganze Angelegenheit einfacher machte. Und so nahmen wir unsere ersten Surfstunden und lernten neben dem Wellenreiten immer wieder nette andere Reisende kennen. Mit drei sehr witzigen Deutschen aus Hamburg haben wir auch das erste Mal die Spezialität hier gegessen: Selection de Camarão. Will heißen: Shrimps, in Öl oder Knoblauch gebacken oder paniert, Krebsfleischbällchen, Fischfilet, dazu typische Fischsauce, Reis, Pommes und Salat. Das ganze gibt es für gut 10 € und reicht dicke für zwei Personen. Und schmeckt!
Nachdem unsere fünf Surfstunden und der erste Muskelkater vorüber waren, und wir völlig enthusiastisch dachten „jetzt geht’s los“, haben wir uns noch am selben Tag ein Surfbrett zugelegt. Die Flossen fürs Bodyboard (heißen hier „pedschepodsche“ oder so, war nicht so einfach immer zu erklären was wir suchten) hatten wir bereits. Wir haben uns noch von Luciano erklären lassen, worauf beim Kauf zu achten sei und dann haben wir uns auf die Suche begeben. In Praia Ingleses wurden wir dann fündig. Das Brett war zwar ein bisschen kürzer als ideal, aber die paar Zentimeter sollten nicht so viel ausmachen. Dazu gab’s noch zwei Neoprens, eine Schnur, Wachs und wir fühlten uns perfekt ausgerüstet.
Bis wir dann damit wirklich den Schritt ins Wasser gewagt haben und feststellen mussten, dass das Stehen auf dem Schulbrett nicht viel mit dem wirklichen Surfen zu tun hat. Außerdem war unser Brett etwas zu schmal für Anfänger (dafür war’s billisch!) und es war ein himmelweiter Unterschied, die Balance zu halten. Außerdem mussten wir ja erst mal lernen, wann man eine Welle zu nehmen hat und dann auch noch selbst wie verrückt zu paddeln, um überhaupt mal zum eigentlichen Surfen zu kommen. Und vorher immer noch gegen die Wellen anzukämpfen, bis man überhaupt zur geeigneten Stelle kommt, puh, bis dahin kann man eigentlich schon nicht mehr. Aber wie sagen alle Surflehrer: üben, üben, üben! Und das haben wir dann auch – meistens jedenfalls! Ich wollte mir für meinen im Brustbereich etwas zu großzügig geschnittenen Neopren ein Surfshirt (gibt’s meist sehr farbenfroh) kaufen. Nachdem meine Surfkünste jedoch noch so weit am Anfang waren, wollte ich mit diesem Kauf warten, bis es wert ist, mit knallrot im Meer auf mich aufmerksam zu machen. (Anmerkung: sieben Wochen später hab ich immer noch keins!)

Ein anderer Vorteil vom schönen Wetter war, dass wir auch ein bisschen mehr unsere Nachbarn kennen lernten. Rechts von uns wohnte ein argentinisches Pärchen, er studiert in Florianopolis, sie kocht, wäscht und putzt den ganzen Tag. Die beiden waren zwar sehr ruhig, aber auch sehr freundlich - wie wir es von den Argentiniern kennen. Die anderen Nachbarn wechselten öfters mal und zwei brasilianische Pärchen versorgten uns trotz sprachlicher Barrieren immer mit Leckereien wie heißem Apfelstrudel (deutsche Vorfahren natürlich) oder hinterließen uns Wurst, Spüli und Bierdosen. Auf der anderen Seite wohnten für ein paar Tage drei Italiener, mit denen wir lustige und kurzweilige Stunden verbrachten. Mit Zweien haben wir uns erwartungsgemäß auf englisch unterhalten, mit dem Dritten nur auf Spanisch, da er zur Zeit in Argentinien arbeitet. Durch sie haben wir dann Marco, einen andern Italiener, der seit einem Jahr hier „wohnt“, kennen gelernt. Er verbringt seine Zeit auf der Insel hauptsächlich damit, zu surfen, zu lesen und sich zu verlieben. Ihm reicht es, alles ist „beautiful“ und da die Visaregelung Brasiliens etwas eigenartig ist, kann er eigentlich so lange bleiben wie er will. Mit ihm sind wir an einem Abend weg gegangen und haben Einblicke in typisch brasilianische Lebensweise bekommen. Wir wurden von einem anderen Italiener zu sich eingeladen, der auf der anderen Seite des Flusses wohnt. Um zu ihm zu gelangen, mussten wir am anderen Ufer stehen und rufen. Leider hörte er uns nicht, aber ein anderer Mann hat uns dann mit seinem Boot rüber gebracht. Biagio (wir sagen immer Vespa) wohnt in einem kleinem Holzhaus am Hang, mit super Aussicht über die Bucht. Alles ist sehr einfach aber süß und am Abend kamen mehrmals Nachbarn vorbei, um dort zu kochen (kein Gas und so eine Flasche trägt man nicht mal eben da hoch), zu trinken oder einfach für einen kleinen Plausch. Um dann zu späterer Stunde wieder nach Hause zu kommen mussten wir wieder per Boot über den Fluss gebracht werden.

Und dann kamen ja die Jungs! Sprich Fisch, Dr. Fischer und Christian. Wir haben die drei vom Flughafen abgeholt und ihnen ein kleines Deutschlandhöckerchen mit Bierdosen vorbereitet und uns dann vor der Türe versteckt. Leider haben die Jungs – im Gegensatz zu sämtlichen anderen Reisenden - unseren kleinen Empfang nicht bemerkt, aber sich sehr darüber gefreut. Wir haben den Abend gemeinsam in unserem Appartement verbracht und bis in die frühen Morgenstunden gequatscht. Wieder mal gab es viele Mitbringsel, Gummibären, deutsche Schokolade und Lesematerial. Nachts sind wir noch an den Strand, den Steg entlang zum kleinen Leuchtturm vorgelaufen und ein bisschen durch den Ort geschlendert und kamen letztendlich morgens um 6.00 beim Bäcker an, noch ein kleines Frühstück und dann ging’s ab in die Kiste. Doch den dreien war es ansonsten etwas zu langweilig bei uns im Ort und so sind sie schon mal nach Blumenau aufs Oktoberfest vorgefahren, wo wir uns zwei Tage später wieder verabredet haben.

Wir sind in der Zwischenzeit etwas auf der Insel rumgefahren, wobei uns wieder mal der Auspuff abfiel. Als wir dann nach Blumenau fahren wollten, haben wir erst einmal eine Auspuffwerkstatt gesucht, was nicht so einfach ist, denn es gibt überall kleine Werkstätten, aber nirgends können oder haben sie alles (deshalb haben wir auch immer noch keine neuen Scheibenwischerblätter, die dringend notwendig sind!). Aber letztendlich sind wir bei dem richtigen gelandet, der Auspuff wurde fachmännisch und mit Köpfchen wieder angeschweißt und wir konnten getrost nach Blumenau fahren. Das Straßenbild dort ist geprägt von Häusern im Fachwerkstil und zum Oktoberfest wehen überall deutsche Fahnen und da täglich ein Festumzug stattfindet, waren die Straßen voller Leute. Wir haben erst mal nach einem geeigneten Parkplatz gesucht, wo wir auch die Nacht verbringen konnten und wurden direkt neben dem Eingang fündig. Wir sind noch mal kurz ins Zentrum gelaufen, wo der Umzug zwar längst vorüber war, aber die Straßen voll von betrunkenen Brasilianern, überall Musik und jeder Zweite hatte um die Schultern eine Schwarz-Rot-Gold-Schärpe mit einem Alubierkrug daran und die Mädels Blumenkränze im Haar. Manche Leute hatten sogar eine Schaumstoffverkleidung als Bierfass an. Wir kamen uns vor, wie am Faschingszug und da man so etwas ja nüchtern gar nicht aushält, haben wir uns schnell zwei Bier geholt und dem Treiben zugeschaut. Wir sind dann wieder zurückgelaufen, haben unterwegs noch ein paar mal Halt gemacht und uns dann mit den Jungs am Festeingang getroffen. Als wir in das Festzelt gelaufen sind, habe ich mich schon über die etwas andere Aufmachung gewundert. Keine klassischen Biergarnituren wie bei uns und vor den Bühnen viel Platz, aber alles leer. Wir holten uns erst mal was zu trinken, denn hier gibt es auch keine Zenzis die es bringen – die Jungs haben natürlich nicht auf ihre Maßkrüge aus Deutschland verzichten können – und suchten uns aus der reichhaltigen Speisekarte ein typisch deutsches Gericht aus: Gulaschsuppe im Brottopf. Mmhh!
Nachdem wir viel gebabbelt und ein paar Leute kennen gelernt hatten (wie Dieter, deutschstämmig aus 5. Generation, spricht perfekt deutsch, der mit seiner Holzhackergruppe aufgetreten ist) wussten wir auch, warum so viel Platz zwischen den Garnituren gelassen wurde. Plötzlich tobte der Bär, in jeder der drei Hallen spielte eine andere Band, natürlich überwiegend deutsches Oktoberfestliedgut (80 % muss deutsch sein) und die Leute tanzten wie wild und sangen fleißig und textsicher Lieder wie „10 kleine Jägermeister“ mit und dazwischen ertönte immer wieder „1, 2, gsuffa“! Wo gibt’s denn so was?
Wir haben uns auch von Halle zu Halle geschleppt, immer mal wieder getanzt, mitgesungen und uns riesig über die zahlreichen Lederhosen aus Stoff amüsiert. Zwischenzeitlich haben wir uns alle mal verloren aber nach drei Stunden doch schon wieder gefunden! Letztenendes sind wir gegen 4.30 in unser Bußchen gefallen. Doch unser Schlaf dauerte nicht lange, schon zwei Stunden später nervten uns irgendwelche Besoffenen, die unberechtigterweise Parkgebühren verlangten wollten und an unserem Auto rumfummelten, bis wir endlich weggefahren sind und unseren notwendigen Schlaf fortsetzen konnten. Vor unserer Heimfahrt sind wir noch mal in einen großen Supermarkt gefahren und haben deutsche Kühnegurken und ein Paket Sonnenblumenkernbrot gekauft. Was man halt so vermisst! (Leider haben wir das Brot nicht gleich gegessen und dann war’s schimmelig :-(!)

Wir sind dann wieder zurück nach Barra da Lagoa gefahren und haben uns erst mal ausgeruht. Am nächsten Tag haben wir uns mit Speths getroffen, deren Wege sich ja schon öfters mit unseren gekreuzt hatten. Die beiden waren zuletzt im Norden Brasiliens und kamen uns entgegen um weiter nach Uruguay zu fahren. Wir hatten ihre GPS-Daten und so suchten wir uns nach diesen Angaben unseren Weg zu den beiden. Doch irgendwie konnten wir sie nicht finden (lag daran, dass sie ihre Skalierung anders eingestellt hatten), aber ist ja nicht so schlimm, es gibt ja Handys. Doch anrufen konnten wir sie auch nicht, denn wir mussten wieder einmal eine dieser zahlreichen und unlogischen Vorwahlen benutzen. Aber letztenendes wurden wir fündig und wir verbrachten wieder mal einen sehr kurzweiligen Tag am Strand zusammen und am Abend fuhren wir zusammen in unseren Ort zurück, da sie bei uns vor der Pousada ihr Wohnmobil parken wollten. Am Abend hatten wir uns mit den Jungs zum Abendessen verabredet, wo wir uns alle gemeinsam leckere Fisch- und Fleischgerichte schmecken ließen. Danach verabschiedeten sich Speths und die „Jugend“ fuhr nochmal gemeinsam in den nächsten Ort Lagoa de Conceicao, wo wir uns zum Abschied noch ein paar Caipis gönnten. Dort versuchte man uns zwar ein wenig abzuzocken, aber nicht mit uns! Wir sind ja mittlerweile alte Reisehasen und da gehört die Kontrolle der Rechnung dazu wie morgens Zähne putzen. Danach gab’s noch ein paar Abschiedsbier in deren „Spider-Murphy-Gang-Hotel“ und wir krabbelten mal wieder in unseren Bus zum Schlafen.

Wieder mal gab es eine kurze Nacht, und als wir morgens um 9.00 in unserer Pousada ankamen, waren Speths gerade bereit zum Frühstücken. Also haben wir halt noch ein bisschen ausgeharrt, und letztenendes haben wir wieder den gemeinsamen Tag zusammen verbracht, inklusive Pizza essen am Abend. Na ja, mit den beiden gibt’s halt immer viel zu babbeln, Bilder anzuschauen oder Reisertipps zu tauschen und es wird nie langweilig. Außerdem verstehen wir uns blendend und wer weiß, wann wir uns wieder sehen?
Am nächsten Morgen haben wir noch mal gemeinsam gefrühstückt, uns dabei über ihre nächtliche Kontrollaktion der Polizei amüsiert (die standen zu dritt voll bewaffnet vor dem WoMo, war aber alles gut, als sie erfuhren, dass sie Besuch von den anderen Deutschen sind) und uns auf unbestimmte Zeit verabschiedet. Aber das war sicher nicht das letzte Mal, dass sich unsere Wege hier in Südamerika kreuzen.

So verging unser erster Monat auf der Insel trotz allem wie im Fluge, immer wieder kamen Leute bei uns vorbei, die wir im Laufe der Zeit kennen gelernt haben. Wir freuten uns schon auf eine Woche Inselerkundung im Pauli bis Prinz Martin hier für 4 Wochen aufkreuzen wird. Also checkten wir aus, zogen wieder komplett in unser Auto und erledigten noch ein paar Sachen im Ort. Erst mal mussten wir noch zu Mittag essen, und dazu gingen wir wie so oft zum Mittagsbuffet. Obwohl hier die Preise generell höher sind als in Argentinien, essen kann man günstig. Dort gibt es Essen, das 100 gr weise gewogen wird (je 0,40 €) und man hat die Auswahl zwischen verschieden Leckereien wie Salate, Fisch, Fleisch, Huhn, Lasagne, usw. Danach machten wir noch unsere Wohnung für den nächsten Monat klar, doch dazu mussten wir noch mal in den nächsten Ort fahren, da es in Barra keinen Geldautomat gibt. Irgendwie ging der Tag total schnell rum und so entschlossen wir noch eine Nacht in Lagoa da Barra (gell, Matzi?) zu bleiben, bevor wir den Rest der Insel unsicher machen wollten.

Inselrundfahrt

Wir waren es gar nicht mehr so richtig gewohnt „on the road“ zu sein, und wussten noch gar nicht so recht wohin mit uns. Aber wir kamen schnell wieder ins bekannte Muster. Ursprünglich wollten wir uns mit Federico aus Argentinien auf dem Oktoberfest treffen, aber da sie ihre Pläne änderten, blieben wir auf der Insel. Zuerst fuhren wir zum Praia Joaquina, wo gerade ein Surfcontest in vollem Gange war. Joaquina ist berühmt für seine wilden und großen Wellen, es finden dort häufig Meisterschaften statt, und es machte Spaß die Surfer ihr Bestes geben zu sehen. Vielleicht kommen wir ja eines Tages auch dahin, aber das wage ich bei unserer mangelnden Ausdauer zu bezweifeln. Da das Surfen immer mal besser und mal schlechter klappt, und ich mit unserem Brett gar nicht zurecht komme, lag unser Enthusiasmus die letzten Tage etwas auf Eis. Außerdem hatten wir ja – wie immer – „keine Zeit“.
Wir duschten dort noch an den öffentlichen Duschen und ich kam mir zwar ein bisschen blöd vor, so als Einziger mit Shampoo, aber wenigstens waren wir wieder frisch. Als ich nachts mal Pipi gehen wollte, bemerkte mich ein besoffener(?) Mann. Er kam näher ans Auto und wollte durch den kleinen Schlitz an der Seitentüre schauen. Ich war total aufgeregt, da ich ja nicht wusste, was das für einer ist, aber als ich dann mit einem Ruck die Türe zuschob, ist er vor Schreck einen Meter nach hinten gezuckt. Geschieht dem Spanner recht!

Ansonsten verbrachten wir angenehme Stunden und einen schönen Sonnenaufgang in Lagoa de Conceicao. Wir fuhren mal runter in den Süden und bestaunten die schnuckeligen Dörfer und die vor der Küste liegenden Muschel- und Austernbänke. Die Gegend ist sehr grün und die kleinen bunten auf Stelzen stehenden Holzhäuser erinnerten uns irgendwie an Tobago. Wir vesperten immer wieder an den idyllischsten Stellen und landeten in der verschlafenen Bucht von Pântano do Sul, einem noch kleinerem Fischerort als Barra. Dort verbrachten wir den Tag und die Nacht direkt mit unserem L300 am Strand. Wir beobachteten die Fischer, die stundenlang im hüfthohen Wasser ihre Netze auswarfen und auch immer wieder größere Brocken rausholten und genossen diesen ruhigen Fleck. Praktischerweise kam ein Verkäufer vorbei, der uns ofenfrisches warmes Brot (und kein Weißbrot!) anbot, wo wir freudig zuschlugen.
Witzig ist, dass wir mit unserem Kennzeichen relativ unbemerkt bleiben. In Brasilien haben sie üblicherweise drei Zahlen und vier Nummern und so fällt unser Auto nicht weiter auf. Besonders aufmerksame Beobachter wundern sich vielleicht über den blauen Streifen am Rand, aber sie vermuten uns dann eher aus Uruguay.

Weiter im Norden ist die Insel sehr viel touristischer, und Praia Ingleses zum Beispiel hat zwar tolle Sanddünen auf der einen Seite, in denen sich die Fischer ihre Wellblechhütten notdürftig gegen den Sand geschützt haben. Auf der anderen Seite reihen sich jedoch die größeren Hotels und Wohnanlagen, viele mit hässlichen Kacheln im Schwimmbadstil verziert. Überaschenderweise gibt es auf der Insel wirklich sehr abwechslungsreiche Flecken. Waren wir die idyllischen Fischerorte gewohnt, sind wir auch mal in einer abgeschnittenen Sackgassenbucht voller Hotel- und Appartementanlagen in Praia Brava gelandet. Und am meisten hat uns erstaunt, als wir in Jururé Internacional ankamen, denn dort reihten sich edelste und große Villen Wand an Wand. Wir haben uns auch mal den Showroom für ein im Bau stehendes Condomiento, also eine bewachte Wohnanlage im italienischen Stil, angeschaut, die wirklich geschmackvoll gebaut war. Zum anschauen ja ganz schön, aber dort verweilen wollten wir nicht. Aber die Informationsmails bekomme ich immer noch.
Wir haben uns eine Bucht weiter nach Praia Forte (heißt so wegen dem alten Fort oben am Berg) über einen engen und steilen Hügel gewagt und sind an einem der schönsten Strände gelandet. Hier lud der weiße Sand und die kleinen Fischerrestaurants zum Verweilen ein, vor der Küste ligen kleine Segel- und Fsicherboote und der Fisch schmeckte ausgezeichnet. Aber das Wetter wechselt hier oftmals rasend schnell und so kamen gegen Nachmittag heftige Böen über den Strand geweht und später gab es im ganzen Ort keinen Strom. Aber das interessiert uns ja nicht weiter, das Einzige was wir brauchen ist Wasser. Fürs Trinkwasser haben wir mittlerweile auf 20 Liter Kanister umgeschwenkt – spart Geld und vor allem Verpackung – und fürs Duschen haben wir uns etwas Neues ausgedacht. Da wir unsere Benzinkanister bis auf Weiteres nicht mehr brauchen werden, haben wir sie mit Salzwasser ausgewaschen und nun normales Wasser eingefüllt. Unsere Campingduschen sind mittlerweile eh nicht mehr dicht und so haben wir den Schlauch abgemacht und benutzen ihn jetzt inklusive Duschkopf zum Spülen oder Duschen. Da brauchen wir nur noch ein geschütztes Plätzchen, dann kommt der Kanister aufs Dach und schon gibt’s ne Dusche mit warmen Wasser, schließlich sind unsere „Köfferchen“ ja den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt. Inzwischen haben sich die Kanister auch so weit ausgewaschen, dass man den Benzingeruch „fast“ gar nicht mehr merkt.

Und - schwups – schon wieder war eine Woche rum. Nachdem wir fast die ganze Insel gesehen hatten, alles ist ja kaum möglich, immerhin rühmt sich Floripa mit 42 Stränden, waren wir uns einig, dass es in Barra da Lagoa am schönsten ist. Sehr gut gefallen hat uns, dass die Insel generell recht sicher ist, man sieht fast nirgends Gitter vor den Fenstern und vor allem ist sie sehr grün und wirklich äußerst abwechslungsreich, von edelsten Luxus über Großstadt bis hin zun verschlafenen Fischerdörfchen gibt es einfach alles. Also machten wir uns auf den Rückweg nach Barra und bezogen unser neues Heim. Wir warteten den ganzen Tag auf die Ankunft von Martin, und genossen schon mal den sonnigen Tag auf unserer neuen Obertraumterrasse.